Standpunkt (zur Betrachtung der Welt)
STANDPUNKT
(ZUR BETRACHTUNG DER WELT)
Skulptur von Veronika Rettich
Vier gebogene Aluminiumgebilde ragen auf einer Anhöhe drei Meter nach oben. Es handelt sich um zwei Klammernpaare, die leicht versetzt auf einer Ausbuchtung des Radweges stehen und die Landschaft in einer Rundung rahmen.
Je nach Standpunkt, wie nah oder fern der Betrachter sich an den Klammern bewegt, werden leicht verschobene Landschaftsausschnitte wahrnehmbar. Das Einnehmen einer Position erlaubt es, auch andere Betrachter beim Verweilen in der Klammer wahrnehmen zu können. Es entsteht die Situation des Beobachters der Beobachter.
Das Skulpturenpaar erinnert an die Klammern, die in einem Text etwas Ausgespartes oder Nebensächliches bezeichnen. Die Assoziation der Klammer im Text verweist auf eine mögliche Lesbarkeit der Landschaft.
Die Skulptur kreiert in ihrer Betonung ein Paradoxon: Sie lenkt den Blick durch die Klammern, der Betrachter soll fokussieren oder einen Perspektivenwechsel durch das zweite Klammernpaar wagen. Zugleich wird Landschaft zu etwas Ausgespartem, Nebensächlichem, zu einer beiläufigen Klammer im Vorbeifahren. Veronika Rettich lässt mit ihrem Werk ein Moment der Konzentration auf ein Detail der Landschaft entstehen, das im gleichen Zuge dazu führt, sich selbst in der Landschaft und die Landschaft als Teil der Welt wahrzunehmen. Das Fokussieren eines Details wird zum Instrument der Wahrnehmung eines Ganzen gerade durch die Einklammerung breitet sich die Landschaft in ihrer Größe vor dem Betrachter aus.
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